„Und welche Sprachen sprichst du?“: Stimmen des MAK: Ein Projekt zur Förderung des Sprachbewusstseins im Museum

16. August 2024

Insights, NOW

Katharina Strasser

Welche Sprachen werden im MAK gesprochen? Und wie können diese sichtbar gemacht und gefördert werden? Diesen Fragen widmet sich das neue Projekt Stimmen des MAK. Als Praktikantin im MAK und Masterstudentin der Angewandten Linguistik hat Katharina Strasser das Projekt begleitet und ihre persönlichen Gedanken und Eindrücke in diesem Blogbeitrag festgehalten.

In Wien ist Mehrsprachigkeit seit jeher gängige gesellschaftliche Praxis – fast die Hälfte der Wiener*innen sprechen im Alltag mehr als eine Sprache. Laut der Stadt Wien sind Serbisch, Türkisch, Polnisch und Rumänisch die größten Sprachgruppen neben Deutsch. Auch ein großer Teil der MAK Mitarbeiter*innen verwendet im Alltag und im Rahmen der beruflichen Tätigkeit mehrere Sprachen.

Sprache ist nicht nur Mittel zur Kommunikation, sondern prägt und beeinflusst Gesellschaft wechselseitig. Sie ist Träger von Kultur, Identität und sozialer Beziehung und öffnet Türen zu Denkweisen, Werten und Traditionen einer Sprachgemeinschaft, die kollektiv ihre Geschichte(n) in dieser eingeschrieben hat. Sprache reguliert nicht nur den Zugang zu bestimmten Orten, sondern auch zu Wissen und kulturellem Verständnis.

Das Projekt Stimmen des MAK will das Sprachrepertoire der Mitarbeiter*innen nutzen und dabei einen Austausch untereinander ermöglichen. Weiteres Ziel ist es, die Sprachenvielfalt für MAK Besucher*innen im Audioguide zu diversifizieren und damit Sprachbarrieren abzubauen sowie die MAK Sammlung zugänglicher zu gestalten.

Im Mittelpunkt des Projektes stehen jene Personen, die das Museum tagtäglich am Laufen halten, ihre Stimmen, Expertisen, Geschichten und Sprachen sollen gehört werden. Die Projektteilnehmer*innen werden in ihren Erst- und Familiensprachen eine Tour für den Audioguide einsprechen und dabei ihre Perspektiven und Eindrücke teilen. Gleichzeitig soll so ein Bewusstsein für die vorhandene Mehrsprachigkeit unter den Mitarbeiter*innen des MAK geschaffen werden. Für den ersten Anlauf werden vier Sprachen ausgewählt, die das sprachliche Angebot erweitern und dadurch breitere Partizipation durch Sprache im Museum ermöglichen sollen. Bei allen bisherigen Treffen hatte ich das Gefühl, dass das Projekt etwas Vereinendes hat: Da Sprache im Mittelpunkt steht, arbeiten Mitarbeiter*innen aus verschiedensten Bereichen des MAK zusammen, was einen Austausch über die Hierarchieebenen hinweg ermöglicht. Dabei sind und bleiben alle Projektteilnehmer*innen Expert*innen in ihren eigenen Sprachen.

Beginnend mit Flyern, geschmierten Liptauer- und Schnittlauchbrötchen sowie Limonaden hat sich die Diversitäts-AG im Aufenthaltsraum der Mitarbeiter*innen vorbereitet. Insgesamt gab es drei Mittagspausen, in denen das Personal über das Projekt informiert wurde. Anfängliche Sorgen, dass das Interesse am Mitmachen gering sei, wurden schnell aus dem Weg geräumt. Im Laufe der drei Termine haben sich vielfältige sprachliche Kompetenzen sowie weitere Expertisen und Fähigkeiten um den Mittagstisch im Aufenthaltsraum versammelt. Viele der Mitarbeiter*innen, die sich für das Projekt angemeldet haben, sind oder waren in künstlerischen und kulturellen Berufen tätig: Von Radiosprecher*innen, Theatertechniker*innen, Schauspieler*innen, Kerzenzieher*innen und ehemaligen Kunststudent*innen, die in ihrer täglichen Arbeit im MAK Inspiration schöpfen, ist im Stimmen-des-MAK-Team alles dabei. Tetiana Dariienko beispielsweise war Radiosprecherin und später als Verkaufsleitung und Projektmanagerin bei einem Fashion Magazin tätig. Fernanda Romero Velasquez hat als Reiseleiterin in Peru gelernt, möglichst „akzentfrei“ Spanisch zu sprechen, um von allen Spanischsprechenden ausreichend verstanden zu werden. Die Gespräche waren spannend und die Motivation ansteckend – schnell etablierte sich als „Eisbrecher“ die Frage „Und welche Sprachen sprichst du?“.

Insgesamt gab es 17 Projektanmeldungen und das Sprachenrepertoire umfasste neben Deutsch und Englisch 19 Sprachen. Darunter waren Arabisch, Bulgarisch (2x), Dari/ Farsi (3x), Griechisch, Hebräisch, Hindi, Italienisch, Kurdisch, Polnisch, Punjabi, Russisch, Serbisch, Spanisch, Türkisch (2x), Ungarisch und Ukrainisch. Wir haben uns viele Gedanken gemacht, welche Sprachen als erstes ausgewählt werden und waren uns der großen Verantwortung bewusst. Ausführlich wurde überlegt, welche Kriterien herangezogen werden sollen und dürfen, um eine Sprache einer anderen vorzuziehen. Im Gespräch war die Sprecher*innenanzahl einer Sprachgruppe im MAK und in Wien/Österreich generell. Im Gespräch waren auch die sieben anerkannten Minderheitensprachen in Österreich. Wenn jedoch alles wie geplant läuft, werden nach und nach alle im Projektteam den Audioguide in ihrer Sprache einsprechen und mit einer persönlichen Perspektive bereichern können.

Am 17. Juli haben sich zum ersten Workshoptag im Vortragssaal zehn Projektteilnehmer*innen bei Kaffee und Kipferl eingefunden. Neben Deutsch und Englisch waren die Sprachen Arabisch, Bulgarisch, Italienisch, Kurdisch, Persisch, Russisch, Somali und Ungarisch vertreten. Das Meeting begann mit einer sehr persönlichen Vorstellungsrunde, in der deutlich wurde, wie sprachlich vielfältig die Gruppe ist und wie motiviert die Teilnehmer*innen waren ihren Zugang zum MAK zu teilen. Danach folgte eine Führung durchs Haus, wobei das Projektteam in die Perspektive der Besucher*innen schlüpfen konnte. Neben (kunst)geschichtlichen Aspekten der Ausstellungen und des Gebäudes wurden untereinander auch Anekdoten aus dem Arbeitsalltag ausgetauscht. Es war eine ganz besondere Führung, bei der alle Personen eine sehr vertraute Beziehung zum Gebäude und zu den Exponaten des MAK zeigten. Anschließend gab es die Möglichkeit sich mit dem Audioguide vertraut zu machen und die Objekte zu besprechen, die für die individuellen Touren ausgewählt werden. In einer Abschlussrunde wurden ausschweifend wichtige Fragen des Museums und der Kunstwelt diskutiert, wie beispielsweise, ob man Kunst von dem*der Künstler*in trennen kann.

 

Gemeinsam mit Juli Krah, Kunstvermittlerin und Mitorganisatorin des Projekts, werden die Teilnehmer*innen eine „Highlightstour“ mit fünf bis sieben Objekten zusammenstellen. Die Auswahl kann nach individuellem Geschmack erfolgen oder sich nach den von den Kunstvermittler*innen vorgegebenen Ausstellungshighlights richten. Wichtig dabei ist stets der persönliche Zugang der Projektteilnehmer*innen. Durch die Expertise und das Insiderwissen in den jeweiligen Sprachen sollen eine Perspektivenvielfalt auf die Kunstwerke ermöglicht und Barrieren abgebaut werden. Die Übersetzung erfolgt durch professionelle Übersetzer*innen. Im Oktober erfolgen die Aufnahmen im Tonstudio und im Dezember werden die Audioguides in feierlichem Ambiente für die Öffentlichkeit freigegeben.

Das MAK hat den Anspruch durch die Sammlungen zu vermitteln, welchen Stellenwert das Gestalten von Produkten, von Kunst, aber auch von unserer Umwelt und Gesellschaft hat. Nun ist die Zeit gekommen, dass das Museum mit Stimmen des MAK zeigt, wie das Design eines sprachbewussten Museums aussehen kann.

Ein Beitrag von Katharina Strasser, Praktikantin der MAK Abteilung Kommunikation und Marketing

Kommentare

  • Judit Trybus sagt:

    Ich bitte Französisch auch einzubeziehen.
    Danke!

    • makpresse sagt:

      Danke für den Kommentar.
      Wir starten dieses Jahr mit vier Sprachen und setzen die Serie nächstes Jahr fort. Leider können wir nicht alle Sprachen gleichzeitig veröffentlichen.
      Wir hoffen bald auch einen französischen Audioguide anbieten zu können.

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