breadedEscalope wurde 10

27. November 2019

Forschung & Sammlung

Sascha Mikel, Martin Schnabl und Michael Moser (Tatschl) gründeten im Jahr 2008 das Designstudio breadedEscalope als Plattform für experimentelles Design Thinking. In ihrem Gastbeitrag für den MAK-Blog erzählen die drei Designer, die im MAK DESIGN LAB mit mehreren Werken vertreten sind, über ihre Arbeit und ziehen vorsichtig Resümee.

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Wir haben es versäumt, unser 10-Jahres-Jubiläum als breadedEscalope zu feiern. Das wäre eigentlich der richtige Anlass gewesen, um wieder einmal ein paar Dinge in der Öffentlichkeit zu positionieren oder vielleicht sogar zu resümieren?

10 Jahre! Da hat sich einiges verändert, aber die Einstellung zum Design ist eigentlich recht ähnlich geblieben: In unseren Arbeiten schwingt als Grundtenor immer eine Form sozialer Interaktion und Auseinandersetzung mit der ambivalenten Beziehung zwischen Menschen und Artefakten mit.

Wir haben uns schon vor dem Studium und breadedEscalope gekannt und gemeinsam Projekte im Bereich der angewandten Gestaltung abgewickelt. Unsere Zeit in London war sehr prägend, um eine gemeinsame Haltung zu finden, die in Wahrheit mit dem vordergründigen Bild von Design wenig zu tun hat. In wirtschaftlichen Belangen war unsere Einstellung sogar kontraproduktiv, könnte man sagen. Wir bewegen uns aufgrund unseres Ausbildungshintergrunds auf der Bühne des Produkt Designs, hätten uns aber im Bereich der Bildhauerei möglicherweise wohler gefühlt. Sind wir der kommerziellen Produktgestaltung – dem Design als Dienstleistung und Konsumbeschleuniger überdrüssig?

Souveränität im Umgang mit der Warenwelt

Ein Produkt oder eine Dienstleistung sind allzu oft ein Ersatz für etwas, das einem im Inneren zu fehlen scheint beziehungsweise vom Markt als fehlend suggeriert wird. Wir glauben nicht, dass der längerfristige Sinn und Zweck von Gestaltung der ist, symptomatische Lösungen zu bedienen und gesellschaftliche Prothesen zu entwerfen. Es geht eher um eine gesellschaftliche Souveränität im Umgang mit der Warenwelt und um eine Ökologie der eigenen Ressourcen, um nicht noch tiefer in die Falle der Subjektivierung zu tappen. Es ist wichtig, kritisch zu denken und den Versuch zu wagen, Dinge bis an ihre Wurzel zu verfolgen und dort aktiv zu werden. Wir sind der Meinung, dass angewandte und bildende Kunst wichtige Impulsgeber sein können, um der Kommodifizierung etwas entgegenstellen zu können, indem sie komplexe Zusammenhänge in erfahrbare Bilder übersetzen, Widerstand und Utopien erzeugen.

Fraktal Paravent 2015
Ein Sichtschutz gegen virtuelle BeobachterInnen: Eine durchgängige Fraktalantenne soll elektromagetische Wellen über den Erdungsstecker ableiten.
Foto: Leonhard Hilzensauer

Geschichten erzählen

Wir verpacken unsere Arbeiten aber auch gerne in nachvollziehbare Geschichten. Das macht die Inhalte allgemein zugänglicher. Dabei greifen wir unter anderem auf die Performance zurück. Die sogenannte Produktions-Performance haben wir vor allem in unseren Anfangsjahren als zentrale Ausdrucksform gewählt. Es geht beispielsweise darum, den komplexen Prozess eines Herstellungsverfahrens in eine spielerische, rudimentäre, romantische Neufassung umzuschreiben. So kann bei der mobilen Bugholzküche Love Me Bender (2011) eine gemeinsame Mahlzeit symbolisch im Zentrum der ad-hoc-Möbel-Manufaktur stehen, indem man einen Kochtopf zur Dampfbiegemaschiene erhebt. Das Projekt entstand aus einer Intervention für das MAK und hat es später in die permanente Sammlung des Museums geschafft.

Love me Bender, 2011
Performative Möbelmanufaktur – die Dampfbiegemaschine wird mit dem Kochtopf kombiniert. Foto: breadedEscalope

Love me Bender, Produktions-Performance, Stockholm 2012
Foto: breadedEscalope

Die zwischenmenschliche Erfahrung und der Schaffensprozess stehen hierbei im Mittelpunkt und reichern das eigentliche Werk mit einem emotionalen Wert an. Das Prinzip lässt sich auch bei unseren Original Stools (seit 2007) und dem Re-Present (2013) gut ablesen.

Original Stool, 2007 – ongoing
In einer Produktions – Performance wird eine Gussform in einer Kugel mit Gießharz gefüllt und in Bewegung versetzt. Die Kräfte der jeweiligen Produktionsbedingungen beeinflussen das Resultat und fangen die Entstehungsgeschichte ein. Foto: breadedEscalope

Vimeo

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Mobile Werkstatt für Produktions- Perfomance zum Re-Present, 2013, Foto: breadedEscalope

Mobile Werkstatt für Produktions-Performance zu Re-Present, 2013, Foto: breadedEscalope

Demokratisierung des Wissens durch das Internet

Wenn man den Verlauf unserer 10 Jahre betrachtet, liegt das spannende Potential der Gegenwart doch in einer gewissen Demokratisierung des Wissens durch das Internet. Zum Beginn unseres Studiums im Jahr 2005 ging YouTube gerade online. Wir verdanken unser initiales Basiswissen über Bugholz noch einem Fachbuch. Heute findet man dazu unzählige Episoden und grandiose Tutorials auf der Videoplattform. BetrachterInnen, „UserInnen“, können ohne besondere Vorkenntnisse oder traditionelle Ausbildung relativ unkompliziert zu ansprechenden Ergebnissen gelangen. Das gilt natürlich für sämtliche Bereiche des Wissenstransfers und stellt eine wichtige Grundlage für die angesprochene Tendenz zu kritischem Denken, Widerstand und Utopie dar – ein wichtiger Gegenpol zum aufkeimenden Konservatismus.

Museen leisten einen großen pädagogischen Beitrag, wenn es darum geht, in BetrachterInnen Faszination, Kreativität und Selbstvertrauen zu wecken und eine gewissermaßen redigierte Brücke zwischen dem institutionellen und dem dilettantisch/virtuellen Wissensschatz zu bauen.

MAK DESIGN LAB

Wir durften dieses Jahr im Rahmen der Neugestaltung des MAK DESIGN LAB einen kleinen Beitrag dazu leisten. In Zusammenarbeit mit Co-Kuratorin Janina Falkner, Neue Lernkonzepte, entstand die Installation Unser gewöhnlicher Überfluss (2019) zur spielerischen Vermittlung von Nachhaltigkeitskonzepten.

YouTube

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Das Projekt spricht eine weitere wichtige Facette unserer Arbeit an, denn neben dem eingangs erwähnten investigativen Zugang zum Gestalten, geht es uns vermehrt auch um die Vermittlung der dort generierten Erfahrung. In unseren Workshops erklären wir Design gern als etwas Nicht-Elitäres und dem Menschen Inhärentes. Es ist quer durch alle Disziplinen wichtig zu erfahren, dass Kreativität kein Sonderfall ist.

Ein Gastbeitrag von breadedEscalope

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