Das Café Griensteidl als Treffpunkt der Schriftsteller des „Jung Wien“

21. Dezember 2012

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Wien um 1900, das war auch die Blütezeit der Wiener Kaffeehäuser. Sie wurden fast ausschließlich von Männern besucht – Frauen durften nur in Begleitung hinein – und dienten oft dem Spiel und der Unterhaltung. Wer einen Kaffee bestellen wollte, suchte ihn sich nach der Farbe aus, denn die verschiedenen Kaffeevariationen hatten noch keinen Namen. Friedrich Torberg berichtet, dass ein Kellner des Café Herrenhof immer eine Farbskala mit zwanzig nummerierten Brauntönen mit sich trug, um die gewünschte Farbtönung servieren zu können.

Die Geschichte des Wiener Kaffeehauses beginnt schon sehr viel früher. Als es 1683 dem kaiserlichen Heer gelang, die Belagerung Wiens aufzuheben und die Türken in die Flucht zu schlagen, fielen den Siegern etliche Säcke mit Kaffee in die Hände. Zwei Jahre später, so belegen Dokumente, wurde das erste Kaffeehaus gegründet, 1700 waren es bereits vier. In diesem Jahr erhielten sie von Kaiser Leopold I. das exklusive Recht, Kaffee in Wien auszuschenken. Von Jahr zu Jahr kamen neue Kaffeehäuser dazu, 1819 zählte man bereits 150 Kaffeesieder.

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Das Café Griensteidl

1847 wurde dann das Café Griensteidl gegründet, das sich schnell zum Treffpunkt für Politiker entwickelte und sich für kurze Zeit National-Café nannte. Jahre später trafen sich dort die freisinnigen Kräfte Wiens, während die gemäßigten und konservativen Kreise eher im Café Daum verkehrten, berichtete Sigmund Wilhelm 1912 (in: Hans Weigel, Das Wiener Kaffeehaus, Wien 1978).

Bekannt wurde das von Heinrich Griensteidl gegründete Café aber vor allem als Treffpunkt der Schriftsteller des „Jung-Wien“. Kopf dieser Gruppe war Hermann Bahr, der von 1894 bis 1904 die Wochenzeitschrift Die Zeit herausgab. Die „Kaffehausliteraten“, zu denen unter anderem Arthur Schnitzler, Richard Beer-Hofmann und Hugo von Hofmannsthal gehörten, lehnten den Naturalismus ab und bereiteten den Weg für eine literarische Moderne, mit der Hermann Bahr sich von der Gründerzeit und dem Historismus abheben wollte, wie Wendelin Schmidt-Dengler in „Literatur – zwischen Dekadenz und Moderne“ (in: Traum und Wirklichkeit – Wien 1870–1930, Wien 1985) schreibt. Für Schmidt-Dengler stellt das Jahr 1890 eine „wichtige Zäsur in der österreichischen Literaturgeschichte“ dar, nach der neue Leitbilder verbindlich wurden, wie er weiter schreibt (S. 304).

Aber die Gruppe „Jung-Wien“ musste auch viel Kritik einstecken, vor allem von Karl Kraus, der in seinem 1897 veröffentlichten Pamphlet Die demolirte Litteratur die Kaffeehausliteraten heftig kritisierte. Dabei habe es sich nicht um eine mehr oder weniger belanglose Literatenfehde gehandelt, schreibt Schmidt-Dengler in seinem Aufsatz und fährt fort: „Seine Kritik ist von Anfang an vom Kampf gegen den Missbrauch der Sprache her organisiert. Kraus erblickte in der Sprache die einzige untrügliche Instanz; Sprachmoral wurde mit Moral gleichgesetzt, und die Entlarvung des Sprachmissbrauchs ist zugleich Entlarvung der Missetat. (S. 306).

Mit dem Titel der demolierten Literatur knüpfte Kraus an eine ein Jahr zuvor gemachte Äußerung an: „Wien wird jetzt zur Großstadt demolirt. Mit den alten Häusern fallen die letzten Pfeiler unserer Erinnerungen und bald wird ein respektloser Spaten auch das ehrwürdige Café Griensteidl dem Boden gleichgemacht haben“ (zitiert aus: Hans Weigel, Das Wiener Kaffeehaus, Wien 1978, S. 62). 1897 kam dann das Ende. Im Zuge der Umbauarbeiten am Michaelerplatz wurde das Haus abgerissen, erst seit 1990 gibt es an diesem Ort wieder ein Café Griensteidl.

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