7. Dezember 2018
Schuld daran ist Google … vom MAK nach Kairo
Das Projekt Rescuing the Mamluk Minbars of Cairo haben wir am MAK-Blog bereits vorgestellt. Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende! Hier ein Follow-up Beitrag von Johannes Wieninger, Kustode MAK-Sammlung Asien, der zeigt, wie Arbeiten aus unterschiedlichen Teilen der Welt zusammenfinden und gemeinsam zu Neuem führen können:
Die Ausstellung ADRIANA CZERNIN. Fragment in der MAK GALERIE (18. April – 30. September 2018) verband wertvolle Schnitzereien aus dem Kairo des 13. Jahrhunderts mit dem Werk der Künstlerin Adriana Czernin. Die Schau stieß international auf ein sehr positives Echo, wobei wir zur Zeit der Vorbereitung nicht wussten, dass diese Fragmente der Minbar der Ibn-Tulun-Moschee in Kairo zeitgleich ins Zentrum eines wissenschaftlich/denkmalpflegerischen Projekts gerückt wurden.
London, Kairo und Wien
Schon ein Jahr vor der MAK-Ausstellung erfuhr die Architektin Omniya Abdel Barr, eine Mitarbeiterin des Projekts Rescuing the Mamluk Minbars of Cairo, über Google von Adriana Czernin’s Schau Najm in der Galerie Martin Janda, die sich mit dem Ornamentsystem der Wiener Minbar-Fragmente auseinandersetzte.
Nach einem längeren E-Mailverkehr zwischen London, wo Abdel Barr die Fragmente im Victoria and Albert Museum erforschte, Kairo und Wien, beschloss sie zur Eröffnung der MAK-Ausstellung nach Wien zu kommen. Ihr Kurzbesuch gab Gelegenheit zur gemeinsamen Analyse der „Wiener Fragmente“. Im Videointerview für den MAK-Blog erzählte sie damals von ihrer Arbeit.
Ein gemeinsamer Workshop zeigt die internationalen Kooperationen
Das von Adriana Czernin kontaktierte Österreichische Kulturforum Kairo (ÖKF) und das Rescuing the Mamluk Minbars of Cairo-Projekt verständigten sich noch während der MAK-Ausstellung auf einen gemeinsamen Workshop in Kairo. Darüber hinaus wurde Adriana Czernin zu somethingelseoff, der OFF Biennale 2018 in Kairo eingeladen und ich, als Kurator der Ausstellung und Kustode der MAK-Sammlung Asien, zu Vorträgen an der Kairoer Akademie für bildende Künste und der Hochschule für angewandte Kunst.
Als der gemeinsame „Workshop“ – eigentlich eine Vorstellung der internationalen Kooperationen im Rahmen des Minbar-Projekts – am 25. Oktober 2018 im Innenhof des Bayt Al-Razzaz-Komplexes als Veranstaltung des Österreichischen Kulturforum Kairo und der Egyptian Heritage Rescue Foundation stattfand, hatte Adriana Czernin einen Großteil ihrer Arbeit für Kairo bereits hinter sich.
Symbiosen zwischen Gegenwartskunst und historischer Architektur
Czernins Fahneninstallation für den Innenhof des Bayt Al-Razzaz, die sie schon in Wien entwarf und in Kairo farblich nochmals an die Situation und Stimmung des Hofs anpasste, überraschte das internationale Publikum. Die Produktion in Kairo selbst wäre übrigens eine eigene Erzählung wert!
Sechs Fahnen, bedruckt mit Variationen des Ornaments aus der Minbar der Ibn-Tulun-Moschee in tiefen Rottönen gehalten, setzten die schmalen Formen einer Fensterreihe des Bauwerks fort. Czernins Installation war einerseits zeitgenössischer Kontrast zur Architektur der späten Mameluken-Zeit, andererseits auch Beweis dafür, dass Gegenwartskunst und historische Architektur beeindruckende Symbiosen eingehen können. Vor allem der „lockere Umgang“ mit historischen Formen beeindruckte das ägyptische Publikum. Im Laufe dieses Aufenthalts in Kairo wurden wir noch des Öfteren von StudentInnen mit der Frage konfrontiert, wie das Ornament besser in den Alltag integrierbar sei.
Adriana Czernin hatte noch zweimal Gelegenheit, auf diese und ähnliche Fragen zu antworten:
Sie stellte dem internationalen Publikum bei somethingelseoff 2018 in Kairo eine Wand- und Tischinstallation mit schwarz-weißen Grafiken vor und sprach beim Art Talk How Islamic Art can be used in Contemporary Art am 4. November 2018, der ebenso wie die OFF Biennale im Darb 1718 Egyptian Contemporary Art & Culture Center stattfand.
Ein Beitrag von Johannes Wieninger, Kustode MAK-Sammlung Asien
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Anlässlich der MAK-Ausstellung ADRIANA CZERNIN. Fragment entstand die Publikation Fragment. Adriana Czernin, Christoph Thun-Hohenstein, Johannes Wieninger (Hg.), Schlebrügge. Editor 2018.