Onka Allmayer-Beck im Interview zu ihrer Arbeit mit Keramik

11. August 2022

Insights

Seit Juli 2022 ist Onka Allmayer-Beck (*1979 in Wien) mit ihrer Arbeit Kaffeehaus im MAK DESIGN LAB vertreten. In ihrem Interview erzählt die freischaffende Künstlerin und Designerin über ihre Arbeit mit Keramik und wie sie dazu kam mit dem Werkstoff Keramik zu arbeiten.

MAK DESIGN LAB
Onka Allmayer-Beck, Kaffeehaus, 2021
© MAK/Georg Mayer

Sie sind ausgebildete Modedesignerin und haben sich seit 2015 auf die Arbeit mit Keramik spezialisiert? Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Das erste was ich nach meiner Kündigung bei Armani gemacht habe, war mir von der Abfertigung einen Brennofen und eine Töpferscheibe zu kaufen. Das war eventuell ein bisschen überschnell, da ich ja keine Ahnung hatte, was ich überhaupt damit anfangen soll. Auf keinen Fall habe ich mir gedacht, dass ich eines Tages von der Keramik leben könnte. Aber in der Mode ist man auf schnelle Entscheidungen und Lösungen gedrillt, also kam mir das damals logisch vor. Ich dachte, „ich würde gerne bissl töpfern, wie mach ich das? − gleich mal alles kaufen“. Es hat dann ein Weilchen gedauert, bis ich jemanden gefunden hatte, der mir das auch beibrachte. Schließlich fand ich einen alten Maestro aus Süditalien, der mir in einem winzigen Kämmerlein die Basics zeigte und dabei auch relativ streng war. Das Resultat sind unzählige schiefe Eierbecher, Teller und Schüsseln und eine große Liebe sowie ein tiefes Verständnis zum Material.

Onka Allmayer-Beck im Atelier
© Onka Allmayer-Beck

Der Mode habe ich nicht mehr nachgeweint. Ich habe von 2004 bis 2013/14 intensiv im Design gearbeitet und hatte das Glück bei drei sehr unterschiedlichen Modehäusern zu arbeiten. Vom handgemachten Nischenprodukt bis zum Massenprodukt habe ich alles mitbekommen. Modejahre sind wie Hundejahre und ich habe gefühlte 40 Jahre in der Mode verbracht. Ich bin dann zu dem Punkt gekommen, wo ich das Gefühl hatte alles mitgenommen zu haben, was da für mich zu finden war.

Ich genieße es aber natürlich immer noch oft nach Mailand zu fahren und mir den Gossip erzählen zu lassen, bin allerdings nicht traurig, nicht mehr an stressige timelines, mühsame Diskussionen mit Product Managern und line sheets gebunden zu sein, die mir sagen, wieviel Rot ich verwenden darf etc.

Seit kurzem sind Sie mit Ihrer Arbeit Kaffeehaus im MAK DESIGN LAB vertreten. Wie dürfen wir uns den Entstehungsprozess der Arbeit Kaffeehaus vorstellen? Wann entstand die Idee dazu?

Mein gelbes Kaffeehaus ist im Juni 2021 entstanden, im Rahmen eines Projektes für die VIENNA DESIGN WEEK. Der Titel des Projekts war Apocalyptic Kaffeehaus, und da wir gerade zum weiß nicht wievielten Mal in between lockdowns waren, habe ich das Projekt sehr buchstäblich genommen und mir ein kleines Kaffeehaus gebaut, für zu Hause. Die Idee war, dass man eine Keramik bei sich zu Hause stehen hat, und indem man den Deckel abnimmt, verwandelt man automatisch sein Zuhause in ein Kaffeehaus − da der Unterteil eine Mischung aus Tisch und Tablett ist, auf dem der Kaffee serviert wird. Ich habe davor schon ein paarmal versucht eine zweiteilige Keramik zu machen, bin aber immer gescheitert, beim Kaffeehaus hat es auf den ersten Anlauf geklappt. Nach wie vor ist es eines meiner Lieblingsstücke.

 

Auf Instagram sind Sie mit den messed vessels sehr erfolgreich. Welches Konzept steht dahinter und was hat Sie dazu inspiriert?

Im Juli 2018 hatte ich die Nase voll von der Arbeit mit Klienten − ich habe bis dahin noch viele freelance Mode- und Illustrations-Projekte gemacht, bei denen ich aber nie zu 100% durfte, was ich wollte und mich (natürlich) immer nach den Wünschen des Klienten gerichtet habe. Ich wollte einfach einmal etwas machen nur wie es mir gefällt und wie ich es mir vorstelle. Die Ideen zu den Keramiken hatte ich schon seit Jahren mit mir herumgetragen, ich bin dann einfach alleine aufs Land nach Tirol gefahren hab mir Ton gekauft und habe zu Töpfern begonnen − ganz neu und anders als ich es bei meinem Maestro gelernt hatte, weg von der Scheibe. Aufbautechnik, ich hatte diese Methode bei einem Kulturaustausch im Jahr davor gelernt. Ich war 10 Tage in Ambramtsevo, einem Ort im Wald in der Nähe von Moskau, dort habe ich mit Frauen gearbeitet, die so getöpfert haben. Zuhause habe ich es dann ein bisschen anders gemacht, in Russland wurde zum Beispiel gleich lederhart glasiert und nur einmal gebrannt; aber eigentlich nur, weil das Brennen zu teuer war. Ich brenne zweimal und verwende auch einen anderen Ton, aber die Grundidee habe ich von dort.

Ich habe also in Tirol die ersten fünf Formen gemacht − eine ist mir beim Brennen zerplatzt, bei einer anderen habe ich die Glasur verhaut − aber die überlebenden drei habe ich zu meiner großen Überraschung und dank Instagram sofort verkauft. Das Ganze hat dann ziemlich schnell eine Eigendynamik bekommen, mit der ich nicht gerechnet habe. Nach wie vor mache ich aber jede Keramik immer noch so, dass sie mir gefällt und, dass ich sie mir auch behalten und verwenden würde. Es gibt also nur sehr selten Bestellungen und Wünsche. Mittlerweile habe ich 180 Keramiken hergestellt. Die Inspiration dabei ist das Machen an sich, ich habe das Gefühl, dass ich noch viel in dieser Materie zu sagen habe. Es interessiert mich und ich lerne bei jeder Keramik immer noch etwas Neues, und je mehr ich weiß, umso mehr Spaß macht es mir, immer wieder neue Objekte zu machen. Ich hoffe, das bleibt noch ein Weilchen so.

Der Begriff MESSED VESSEL ist entstanden, weil ich wohl bei einem Telefoninterview genuschelt habe und so ist das MESSED vor die VESSEL gekommen Ich habe es damals nicht ausgebessert, weil ich es witzig fand und nicht gedacht hatte, dass es so viele Leute aufgreifen würden.

Gibt es in der MAK Sammlung Designobjekte, die Sie für Ihre Arbeit inspirierend finden?

Ich glaube, die MAK Glas-, Keramik- und Textilsammlung kenne ich fast auswendig, auch im Wiener-Werkstätte-Archiv kenn ich mich ganz gut aus. Na und als Modedesignerin habe ich auch sehr viel Zeit mit dem Helmut Lang Archiv verbracht. Ich glaube, da gibt es keine Lade, die ich nicht kenne. Außerdem komme ich immer gerne in die Sonderausstellungen. Wenn ich früher aus London oder Mailand nach Wien gekommen bin, war ich jedes Mal auch im MAK − auch mal nur so schnell durchgehen als kleine Inspirationsspritze. Und auch heute gehe ich noch mit jedem hin, der mich in Wien besuchen kommt. Das MAK war immer schon mein Lieblingsmuseum in Wien, und dass jetzt ein Stück von mir in seiner Sammlung ist macht mich extrem froh und stolz.

Das Interview führte Sandra Hell-Ghignone, MAK Presse und Öffentlichkeitsarbeit

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